Die kroatischen Handballer haben sich im WM-Viertelfinale in einem echten Handball-Krimi mit 30:29 gegen Spanien durchgesetzt und stehen im Halbfinale der Handball-WM 2017 in Frankreich. Überragender Mann auf kroatischer Seite war Marko Mamic mit neun Toren.
Siebtes Spiel, sechster Sieg! Kroatien steht nach einem echten Thriller gegen Vize-Europameister Spanien im Halbfinale bei der Handball-WM 2017 in Frankreich. Die Cowboys setzten sich in einem packenden Spiel mit 30:29 gegen die Iberer durch und haben sich damit erfolgreich für das Halbfinal-Aus vor knapp einem Jahr bei der EM 2016 in Polen revanchiert.
Das Team von Zeljko Babic ist alles andere als optimal in das Spiel gekommen und lag nach weniger als zwei Minuten bereits mit 0:2 im Rückstand. Allen voran Stipe Mandalinic erwischte mit drei Fehlversuchen in Folge einen katastrophalen Start in die Partie. Kroatien tat sich in der Offensive sichtbar schwer und bezeichnenderweise erzielte Abwehrchef Jakov Gojun in der 4. Minute den ersten Treffer für Kroatien (es war zugleich sein erster Treffer des Turniers). Das Tor von Gojun war eine Art Weckruf und plötzlich übernahm Kroatien die Spielkontrolle. Angeführt von einem bärenstarken Marko Mamic erspielte man sich nach 20 Minuten einen 2-Tore-Vorsprung. Auch die Verletzung von Luka Sebetic in der Anfangsphase der Begegnung, der ohne gegnerische Einwirkung umgeknickt war, brachte die Cowboys nicht aus dem Konzept. Mit einer Quote von 8/10 schoss Mamic Kroatien quasi im Alleingang zur 17:15-Halbzeitführung.
Zu Beginn der zweiten Hälfte zeigte Kroatien dann sein ganzes Potential und spielte vermutlich sein bestes Handball bei dieser WM. Die Defensive war robust und schnell auf den Beinen und auch Ivan Stevanovic war plötzlich zur Stelle und hielt 1-2 „unhaltbare“ Bälle. In der Offensive fand man die passenden Lösungen und nach 38. Minuten lag Kroatien mit +5 in Führung. Alles sah danach aus, als würde man das Spiel souverän nach Hause bringen. Doch es kam (mal wieder) anders. Spanien kämpfte sich von Minute zu Minute zurück in das Spiel und glich in der 53. Minute zum 28:28 aus. Aber Domagoj Duvnjak & Co. behielten in den Schlussminuten der Partie die Nerven. Zlatko Horvat brachte Kroatien in der 58. Minute erneut mit +2 in Führung und sorgte damit für die Vorentscheidung in der Begegnung. Valero Rivera verkürzte per 7-Meter nochmals auf 29:30 aus spanischer Sicht, sein Treffer blieb jedoch am Ende reine Ergebniskosmetik.
Bester Werfer auf kroatischer Seite war Marko Mamic mit 9 Toren (aus 15 Versuchen). Auch wenn seine Quote im zweiten Spielabschnitt deutlich schlechter wurde und er am Ende „nur“ auf 60% kam, war der 22-jährige heute das Zünglein an der Waage und wurde im Anschluss vollkommen zu Recht auch zum Man of the Match gewählt. Auch Zlatko Horvat zeigte mit 4 Toren und einer Trefferquote von 100% eine starke Partie. Genauso wie Luka Cindric, der auf 5 Treffer kam und vor allem in jenen Momenten zur Stelle war, wenn es im kroatischen Offensivspiel stockte. Auch die beiden kroatischen Kreisläufer Zeljko Musa (3 Tore, 100%) und Tin Kontrec (2 Tore, 100%) zeigte heute Abend mit Abstand ihre beste Turnierleistung. Last but not least muss an dieser Stelle auch Ivan Stevanovic erwähnt werden, „Stivi“ wurde zur Mitte der ersten Hälfte für Ivan Pesic eingewechselt. Mit 9 Paraden bei 25 Würfen und einer Quote von 36% klingen die Zahlen im ersten Moment nicht besonders „prickelnd“, doch Stevanovic war in den entscheidenden Momenten zur Stelle und zeigte mehr als eine Weltklasse Parade.
Bei den Spaniern war Angel Fernandez mit 7 Toren der beste Schütze, auch Alex Dujshebaev zeigte mit 5 Toren eine ordentliche Leistung. Flop des Spiels auf Seiten der Iberer war Kreisläufer Julen Aguinagalde, der 34-jährige erzielte nur 1 Tor und fand in der Offensive faktisch überhaupt nicht statt.
Fazit des Spiels? Es geht doch! Lange mussten wir auf das „richtige“ Kroatien bei dieser WM warten und jetzt haben wir gesehen was alles möglich ist, wenn es keine „schwarzen Löcher“ gibt, wenn die Rückraumspieler Druck in der Offensive ausüben, wenn die Kreisläufer aktiv am Spiel teilnehmen und wenn die Torhüter für den nötigen Rückhalt sorgen. Die Jungs von Zeljko Babic sind sicherlich noch nicht an ihrem Limit, Manuel Strlek hat sich erneut sehr schwer getan auf dem linken Flügel, auch Cindric und Duvnjak erlauben sich nach wie vor teilweise zu einfache Ballverluste in der Offensive. Auch Mandalinic und Stepancic treffen zu viele falsche Wurfentscheidungen, aber all diese „Defizite“ hat man heute mit viel Einsatz, Herz und Willen wett gemacht.
Am Freitag treffen die Cowboys im WM-Halbfinale in der AccorHotels Arena in Paris auf Norwegen. Die Skandinavier setzten sich in ihrem Viertelfinale mit 31:28 gegen Ungarn durch. Ähnlich wie gegen Spanien können wir uns auf ein vollkommen offenes Spiel freuen. Einen wirklichen Favoriten gibt es nicht. Sollte man jedoch erneut solch eine Leistung wie heute Abend abrufen, stehen die Chancen nicht schlecht ins Endspiel einzuziehen.